Arbeiten mit Geweih


Geweih ist ein fantastischer Werkstoff:
Ein Naturmaterial mit wunderbarem Charakter und bis in die Kindheit des Menschen zurückreichender Geschichte, mit dem richtigen Werkzeug einfach zu bearbeiten und selbst für Anfänger ist es leicht möglich überzeugende, praxistaugliche Ergebnisse zu erzielen.
Eine weitere Geweihanleitung gibt es hier.
Solange sie noch nicht verkauft sind, können die bei Erstellung dieser Anleitung entstandenen Einzelstücke hier bestellt werden.

Ein paar Überlegungen vorweg

Am besten ist es, sich das Geweih anzusehen und sich zu überlegen was man daraus machen möchte _bevor_ man drauf los sägt ;-)
Links zu sehen sind zwei Vorher-Nachher Bilder. An zwei Stellen ist noch zu sägen und dann werden aus dieser Rothirsch Geweihstange 3 Messergriffe, ein irre ambientiger Kristallkugelhalter, eine große Nadeldose, 2 Anhänger oder Ahlengriffe und eine Menge Knöpfe oder Ringe entstehen :-)

Um ein Gefühl für die Größe zu bekommen: diese Geweihstange stammt aus der Rubrik "gemischte Rotwild Geweihstangen" (ca. 65-80 cm Länge, Gewicht ca. 1,0-1,5 Kilogramm, Rosenumfang ca. 19-22 cm)
Und noch ein Sicherheitstipp Vorweg: Arbeitshandschuhe und eine Schutzbrille sind immer eine gute Idee!

Sägen

Ich arbeite inzwischen am liebsten mit einer Laubsäge und einem feinen Metall Sägeblatt. Eine normale Handsäge oder Stichsäge tut es aber natürlich auch :-)
Einfacher wird das ganze, wenn man einen kleinen Schraubstock hat. Das Geweih nicht mit aller Gewalt einspannen, da es durch übermäßigen Druck beschädigt werden kann.
Ich habe die Backen des Schraubstocks mit zwei Stückchen dickem Blankleder beklebt um das Geweih vor Kratzern zu schützen. Auch die Metallplatte unten an der Stichsäge habe ich mit Leder beklebt.
Die Schneidlinie zeichne ich mit einem weichen Bleistift ein und säge dann mit wenig Druck das Geweistück durch. Gegen Ende bin ich vorsichtig, damit die letzten Millimeter nicht abbrechen und einen häßlichen Grat verursachen den ich hinterher erst wieder rausschleifen muß.

Bohren

So, ab jetzt beschreibe ich mehrere Projekte gleichzeitig. Es sind unterschiedliche Projekte mit verschiedenen Geweihen, die ich der Einfachheit halber hier zusammen abhandle.
Ich benutze HSS-Co Mehrbereichs-Spiralbohrer.
Bei diesem Schritt lohnt es sich immer ein wenig mehr Zeit und Sorgfalt zu investieren um möglichst gerade zu bohren. Und so lächerlich sich das anhört: mir hilft es, wenn ich die Stelle an der ich bohren will vorher anzeichne und mir auf dem Bohrer mit einem hellen Stift eine kleine Markierung mache wie tief die Bohrung werden soll.

Geweihahle:
Einfach ein Loch, das einen Hauch kleiner ist als der Durchmesser der Ahle, in das Geweih bohren.

Messergriff:
Ich mag einfache Dinge und nachdem das Messer kein Heavy Duty Werkzeug werden soll (ich will nur ein wenig Grünholz schnitzen und Wurst damit schneiden können) reicht es für mich vollkommen aus die Messerangel einfach in eine Bohrung einzukleben statt aufwändig Griffschalen zurechtzuschneiden und zu vernieten was meine Fähigkeiten auch übersteigen würde.

Geweihanhänger:
Das Loch sollte ein wenig größer als das verwendete Schmuckband sein.

Geweih Zauberstab:
Hier überlege ich mir wie weit die Bergkristallspitze eingesetzt werden soll und bohre entsprechend tief. In diesem Fall habe ich eine Spitze mit Bohrung ausgesucht um später noch "Gebamsel" anbringen zu können. Also darf die Bohrung nicht zu tief sein.

Nadeldose:
Nachdem ich hier das Geweih ausfräsen möchte mache ich mit dem Bohrer mehrere nahe beieinander liegende Löcher um mir das Fräsen später zu erleichtern.

Aushöhlen

Bei der Geweihahle, dem Anhäger und dem Messergriff ist fräsen nicht notwendig, wenn vorher der richtige Bohrerdurchmesser gewählt wurde.

Geweih Zauberstab:
Jetzt kommt der Teil der ein wenig Geduld braucht.
Ich übertrage die grobe Form des Steins auf das Geweih und fräse so lange bis der Stein reinpaßt. Wenn zuviel weggefräst wurde muß mehr Kleber zum auffüllen verwendet werden, was ich immer versuche zu vermeiden.

Nadeldose:
Hier verbinde ich mit dem Fräser erstmal die Löcher zu einem großen Loch und fräse dann, ganz wie's mir am besten gefällt, die Öffnung aus. Da sich das Geweih prima bearbeiten läßt macht das richtig Spaß :-)


Schleifen

Jetzt werden eventuelle Grate vom Sägen und kleine Ausrutscher weggeschliffen.
Ich benutze dazu am liebsten einen Schleifstift.
Wie üblich von grober Körnung zu feiner Körnung durcharbeiten bis das Ergebnis gefällt :-)
Ich schräge gerne noch die Kanten ab. Das gibt einen Effekt den ich optisch ansprechend finde.
Bei Behältern wie der Nadeldose schleife ich auch innen nochmal nach.
Je mehr Sorgfalt hier investiert wird, desto leichter fällt das Polieren hinterher (sofern man das möchte).


Polieren

Wer keine polierte Optik haben möchte kann diesen Schritt einfach überspringen.
Hier habe ich selbstgemachte Polierpaste aus Wachs und Bimsmehl benutzt. War eine ziemliche Patzerei beim Verarbeiten.
Fertige Polierpaste gibt´s hier.

Letzte Anpassungen und Kleben

Vor'm Kleben schaue ich mir nochmal alles genau an ob noch etwas zu verändern ist. Hier mußte z.B. bei einem Messer die Angel ein wenig angepaßt werden.

Jetzt zum Kleben:
Ich benutze 2 Komponenten Epoxy Kleber.
1:1 anmischen ist eine Kleinigkeit von 45 Sekunden Arbeit und Idiotensicher ;-)
Er bleibt 2 Stunden in verarbeitungsfähigem Zustand so daß sich noch in aller Ruhe Korrekturen am Werkstück vornehmen lassen.
Bohrloch mit Kleber einschmieren, einzuklebendes Teil mit Kleber einschmieren, die Teile zusammenstecken ohne sich und die halbe Wohnung mit Kleber einzuschmieren ;-) , überschüssigen Kleber vorsichtig abwischen, letzte Positionskorrekturen vornehmen, Ende.
Jetzt muß er 6 Stunden aushärten.

Fertig :-)



So, das war's schon.
Zurücklehnen und das Ergebnis bewundern :-)


Im Grunde ist Geweih wirklich leicht zu bearbeiten. Man braucht nur scharfe Werkzeuge und ein wenig Motivation und Zeit um ähnliche Ergebnisse wie auf den Bildern zu erzielen.
Wenn man sich jetzt vor dem Kauf noch Gedanken macht was man genau herstellen möchte um die passende Geweihsorte und Größe auszusuchen (eine Nadeldose aus einem Rehgeweih zu machen wäre z.B. recht schwierig), kann eigentlich nicht mehr viel schief gehen.






Zubehörteile

Holzstopfen
Ein Nadeldöschen braucht natürlich auch einen Holzstopfen.
Am einfachsten ist es sich einen aus einem passenden, frischen Haselnußstock zu schnitzen. Allerdings kann es passieren, daß der dann nach dem Trocknen nicht mehr richtig sitzt.
Mehr Arbeit sind Stopfen aus bereits abgelagertem Holz.
Ich habe hier einer alten Mistgabel den Stiel (war eh' zerbrochen) geklaut ;-)
Dann einfach drauflosschleifen bis das Teil sitzt. Es ist eine reine Geduldsfrage bis das soweit ist und wenn man den Stopfen unten kegelförmig auslaufen läßt muß man auch nicht superexakt arbeiten, da die immer irgendwie in die Öffnung passen.
Wem das alles zu viel Arbeit ist der kann natürlich auch verschiedene fertige Holzstopfen bei uns kaufen :-)

Gravieren

Einfach mit einem weichen Bleistift das Motiv des Tages vorzeichen :-)
Munter drauflos gravieren.
Je dünner der Gravierstift, desto länger dauert es aber desto feiner läßt sich das Motiv auch gravieren.
Es lohnt sich ein wenig Extrazeit zu investieren und etwas tiefer zu gravieren. Sieht einfach besser aus.
Nachdem Geweih ein sehr kooperativer Werkstoff ist, geht das ganz leicht. :-)